Unser Konzept für Sozialpädagogisch gestützte Kampfsporttrainings
Wir bieten als Team sozialpädagogische Kampfsporttrainings für Erwachsene, Kinder und Jugendliche an. Dafür haben wir ein eigenes Konzept entwickelt. Bei Buchungsanfragen und Nachfragen schreibt uns gerne eine Mail an [email protected].
Wir freuen uns!
Warum braucht es Sozial-pädagogisch gestützte Kampfsporttrainings?
Kampfsport als alltagssprachlicher Oberbegriff fasst verschiedene sportliche, künstlerische als auch extreme Varianten, wie auch Aspekte der Selbstverteidigung zusammen, wobei sich Ziele und Zwecke teilweise stark unterscheiden. Im Rahmen der Feminist Fighters Union legen wir den Fokus auf Vollkontakt und wettkampforientierte Kampfsportarten, wie etwa Boxen, Thaiboxen, BJJ (Brazilian JiuJitsu) oder MMA (Mixed Martial Arts).
Kampfsport bietet ein breites Spektrum an Möglichkeiten zur Persönlichkeitsentwicklung, das sowohl körperliche, psychische als auch soziale Aspekte umfasst. Im Kampfsport erfolgt nicht nur Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper, sondern auch mit dem des*der Trainingspartner*in. Körperkontakt ist ein integraler Bestandteil des Trainings und kann dazu beitragen, Berührungsängste abzubauen (vgl. Barnickel 2009: 28). Durch regelmäßiges Training können sich Ausdauer, Koordination und Kraft verbessern, was zu einem positiven Selbstbild beitragen kann. Das (spielerische) Kämpfen liefert unmittelbares Feedback über den eigenen Status sowie den*des Gegenübers, dessen Fähigkeiten situativ eingeschätzt werden müssen (vgl. Lange/Sinning 2019: 19f.).
Hess und Scheithauer (2010) ergänzen: „Aus sozialkonstruktivistischer Sichtweise wird Sport zu einer idealen Lernumwelt für verschiedene soziale Kompetenzen wie Perspektivenübernahme, Empathie sowie den angemessenen Umgang mit eigenen Emotionen“ (2010: 76). Auch in der Explorativstudie „Zum Stand der Präventionsansätze im österreichischen Kampfsport“ (2023) wird darauf hingewiesen, dass Kampfsport Menschen ermöglichen kann „konstruktiv mit ihrem Aggressionspotenzial umzugehen, sofern er richtig ausgeübt werde und die Trainierenden kompetent begleitet würden.“ Claus et al. weisen ebenfalls daraufhin, dass im Boxsport „im Rahmen […] des gesunden Sporttreibens […] ein respektvolles Verhalten gegenüber anderen eingeübt“ (Claus et al., 2023: 27) würde. Als weitere positive Aspekte werden Gefühle der Zugehörigkeit und ein Grundsatz der Gleichheit aller Trainierenden im Kampfsportsetting betont (vgl. ebd: 28).
Außerdem: Kampfsport ist Jugendkulturarbeit, Kampfsport hat eine Magnetwirkung für viele Jugendliche und ist daher der ideale Ort für informelle Lernsituationen (vgl. Abenteuerpädagogik).
Oft wird Kampfsport jedoch mit problematischen Formen von Männlichkeiten, Härte und Konkurrenz assoziiert. Kooperation, Teamfähigkeit, gemeinsames Lernen, Spaß an der Bewegung, Umgang mit Emotionen wie Verletzlichkeit und Selbstzweifel, soziale Kompetenzen und das Austesten der eigenen Grenzen treten dabei oft in den Hintergrund von Leistung, Dominanz, sozialer Härte, Wettkampf und Erfolg.
Gerade Vollkontakt-Kampfsportarten und leistungsorientierte Kampfsporträume sind oft Orte cis-männlicher Protestkultur. In diesen wird ein Ideal von Männlichkeit produziert, welches sich durch körperliche Härte und Stärke konstituiert und sich selbstbewusst abgrenzt von weißer, bildungsbürgerlicher Männlichkeit. Dies bietet Personen aus marginalisierten Gruppen die Möglichkeit ihre Herkunft nicht schamhaft zu erleben, sondern das Aufwachsen unter den Bedingungen von strukturellem Rassismus und sozio-ökonomischem Prekariat als Ressource umzudeuten, die ein erfolgreiches Bestehen in harten Kampfsportarten erst ermöglicht. So kann Kampfsport auch als Ausgangspunkt für das Empowerment junger, marginalisierter Menschen verstanden werden, denen das Training der Selbstbehauptung und Stärkung gegen erlebte Ohnmachtserfahrungen dient. Als Ansätze des Empowerments grenzen sich diese Projekte damit ausdrücklich auch von defizitorientierten Logiken ab, die dem Präventionsgedanken zugrunde liegen (vgl. Puvogel 2022).
Es gilt somit einen differenzierten Blick auf die Potentiale und Risiken von Kampfsport zu werfen. Denn neben pädagogischen Funktionen birgt er auch Risiken, wenn etwa das Ziel ist, sich für physische Angriffe zu rüsten.
Im Rahmen unseres Trainingsangebots verfolgen wir pädagogische Aspekte und einen explizit feministischen Anspruch. Dabei wollen wir auch einen Blick auf den Umgang mit Stärken und Schwächen, Emotionen und Verletzlichkeiten legen. Neben dem körperlichen Training soll es auch Raum geben, um über diese Themen zu reden und sich auszutauschen, Geschlechterrollen und damit einhergehende Verhaltensweisen, Haltungen und Werte zu hinterfragen und Selbstreflexionen unter den Teilnehmenden, wie auch bei uns selbst, anzuregen.
Welche Ziele verfolgen wir mit sozial-pädagogisch gestützten Kampfsporttrainings?
Unsere Zielformulierungen für sozialpädagogische Kampfsporttrainings:
- Sensiblen Raum herstellen: Ein zentraler Aspekt der sozialpädagogischen Kampfsporttrainings ist es, einen sensiblen Raum zu schaffen, in dem Ängste und Bedürfnisse im Sport offen besprochen werden können.
- Selbstbewusstsein stärken: Durch das Erlernen neuer Fähigkeiten und das Überwinden von Herausforderungen soll das Selbstbewusstsein der Teilnehmer*innen gestärkt werden und ihr Vertrauen in die eigene Stärke gefördert werden.
- Selbstwirksamkeit erhöhen: Über die Trainings soll den Teilnehmer*innen ermöglicht werden, sich handlungsfähig zu fühlen und ihre Fähigkeiten zur Einflussnahme auf ihr eigenes Leben gestärkt werden.
- Körperbewusstsein entwickeln: Durch die Förderung des Körperbewusstseins werden die Teilnehmer*innen ermutigt, ihren Körper bewusst wahrzunehmen, ihre Stärke zu erkennen sowie Stress abzubauen, um ihr emotionales Wohlbefinden zu steigern.
- Reflexion über Geschlechterrollen: Es soll ein Raum zur Reflexion von Geschlechterrollen geschaffen werden in dem Stereotype dekonstruiert werden können.
- Grenzen kennenlernen und ausloten/ausprobieren: Die Teilnehmer*innen werden dazu ermutigt, ihre eigenen Grenzen kennenzulernen, zu respektieren und auch fallweise bewusst zu überschreiten.
- Unterscheidung zwischen Kampfsport und Gewalt: Die Trainings eignen sich zur Gewaltprävention, indem Körperkontrolle geübt und der konstruktive Umgang mit Aggression thematisiert wird.
- Umgang mit Emotionen: Die Teilnehmer*innen werden unterstützt und ermutigt, ihre Emotionen (beispielsweise Aggression, Verletzlichkeit, Scham, Angst und Wut) erkennen zu lernen, zu reflektieren und konstruktiv mit ihnen umzugehen.
- Stressbewältigung: Kampfsporttrainings können dabei helfen, innere Ruhe zu finden und Stress bzw. stressige Situationen besser zu bewältigen.
- Vermittlung von Basic-Techniken: In den Kampfsporttrainings werden grundlegende Techniken der Kampfsportarten vermittelt.
- Spaß und Auspowern: Den Teilnehmer*innen soll Spaß am Training ermöglicht werden. Sie werden dazu ermutigt, sich auszupowern und dabei ihr Durchhaltevermögen zu stärken sowie ihre eigenen Grenzen zu spüren.
- Förderung sozialer Fähigkeiten: Durch gruppendynamische Übungen und das gemeinsame Trainieren werden die sozialen Fähigkeiten der Teilnehmenden gefördert.
- Gesundheitsförderung: Durch Kampfsport wird außerdem die körperliche Gesundheit der Teilnehmer*innen durch Ausdauer-, Kraft- und Konditionstraining gestärkt sowie das Bewusstsein für den eigenen Körper und dessen Bedürfnisse geschärft.
- Persönlichkeitsentwicklung: Ziel ist, die Teilnehmer*innen in ihrer persönlichen Entwicklung zu unterstützen und sie dazu ermutigen, ihre Fähigkeiten und Potenziale zu entfalten.
Mit welchen Methoden wollen wir diese Ziele erreichen?
Für uns ist Respekt nicht irgendein Schlagwort, welches im Zuge von Kampfsport und sportlichen Aktivitäten immer wieder fällt und abgenickt wird. Respekt bedeutet für uns einen wertschätzenden Umgang zwischen Trainer*in und Kursteilnehmenden, aber auch unter den Teilnehmenden selbst. Dabei ist es wichtig, dass die Trainer*innen darauf achten, dass die ausgewählten Übungen auf Augenhöhe stattfinden und keine hyper-kompetitiven Dynamik zwischen den Teilnehmenden entsteht. Dafür braucht es Feingefühl und eine gute Selbstreflexion der Trainer*innen, aber auch das methodische Wissen über die Arbeit mit Jugendlichen und dynamischen Gruppen bzw. heterogene Soziale Räume. Durch diverse Ausbildungen im Sozialbereich und teilweise langjährige Erfahrung in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit bringen wir als Trainer*innen dieses Wissen mit.
In unseren Workshops wollen wir einerseits die Grundlagen der verschiedenen Kampfsporttechniken vermitteln, darüber hinaus jedoch auch die Teilnehmer*innen dabei unterstützen, eine Beziehung zu sich selbst und zum eigenen Körper zu knüpfen, eigene Grenzen auszutesten und dabei zu lernen, die Grenzen anderer zu respektieren und verantwortungsbewusst mit der eigenen Kraft umzugehen. Durch das gemeinsame Training sollen der Gemeinschaftssinn und Solidarität unter den Teilnehmer*innen gestärkt werden.
Dies geschieht mittels pädagogisch gestützten Trainingsmethoden. Wir üben nicht nur Kampfsporttechniken mit den Jugendlichen, sondern versuchen einen Raum herzustellen, in welchem die Teilnehmenden ihr Selbstbewusstsein stärken können und Ängste sowie Vorurteile in Bezug auf Kampfsport/Sport abgebaut werden können. Abhängig von der Gruppe und der konkreten Anfrage versuchen wir außerdem einen Rahmen zu schaffen, in welchem sich Trainierende sensibel über Gewalterfahrungen austauschen können und das Training somit auch bis zu einem gewissen Grad zur Aufarbeitung bestimmter Erfahrungen beitragen kann. Dies verstehen wir als essentiellen Aspekt des Empowerments. Ein wichtiger Teil unserer Trainings ist daher nicht nur die sportliche Aktivität, sondern ein sensibler Umgang miteinander und damit einhergehend eine dementsprechende Gesprächskultur. Wir wollen informelle Lernsituationen mittels Kampfsport schaffen, um die Jugendlichen in ihren alltäglichen Erfahrungen zu stärken und zu unterstützen. Teil unsere Trainings können neben den Kampfsporttechniken daher auch spezifische Atem-, Achtsamkeits- oder anderweitige Selbstwirksamkeitsübungen sein.
Unsere Trainings sind explizit antirassistisch, antifaschistisch, antisexistisch und queerfreundlich!
Dennoch ist uns bewusst, dass die Lebenswelt der Jugendlichen oftmals mit eben genau diesen Themen zu kämpfen hat. Daher ist es uns ein Anliegen, einen lebensweltorientierten Zugang in unseren Trainings zu praktizieren. Wir wollen auf die individuellen Bedürfnisse der Teilnehmenden eingehen, deren Lebensrealitäten berücksichtigen und die sportlichen Aktivitäten nutzen, um mit den Jugendlichen ins Gespräch zu kommen und somit auch politische Bildungsarbeit und Sport zu verknüpfen.
Quellen:
- Lange, H./ Sinning, S. (2019): Kämpfen, Ringen und Raufen im Sportunterricht. 4.Auflage. Wiebelheim: Limpert Verlag.
- Hess, M./Scheithauer, H. (2010): fairplayer.sport – Soziale Kompetenzen spielerisch fördern. In: Landeskommission Berlin gegen Gewalt (Hg.): Berliner Forum Gewaltprävention Nr. 41: Evaluation und Qualitätsentwicklung in der Gewalt- und Kriminalitätsprävention, S. 76-83.
- Claus, R./Schmied, M./Traninger, A./Zajonc. O. (2023): Explorativstudie: Zum Stand der Präventionsansätze im österreichischen Kampfsport. Wien.
- Puvogel, M. (2022): Attraktivitätsmomente von Kampfsport aus geschlechterreflektierender und rassismuskritischer Perspektive. Anschlussmöglichkeiten und Fallstricke für die (präventiv-) pädagogische Praxis. Kni:X-Analyse (Ufuq.de).
- Paffrath, H. F. (2013): Einführung in die Erlebnispädagogik. Augsburg: Ziel Verlag.
- Langewitz, O./Bernart, Y. (2007): Jugendliche und Kampfsport. Persönlichkeitsentwicklung und Wertevermittlung in der Kampfsportausbildung. Göttingen: Cuvillier Verlag.
Leni (keine oder sie/ihr Pronomen)
- Muay Thai/Thaiboxen
- Sozialarbeiter*in, zur Zeit in Bildungskarenz
- Thaiboxen hat mein Selbstvertrauen gestärkt und mein Körpergefühl verändert. Ich habe mich durch diesen Sport neu kennen gelernt und lerne immer wieder neues dazu. Mir ist es wichtig, dieses Gefühl an meine Trainees weiterzugeben, ihnen zu zeigen, dass Sport Spaß machen kann, dass er herausfordernd sein darf, aber kein Leistungszwang besteht. Ein respektvoller Umgang und eine Atmosphäre, in der sich vor allem auch Trans* und Genderqueere Menschen wohl fühlen, ist mir ein großes Anliegen. Meine Schwerpunkte liegen im Selbstwirksamkeitstraining (all gender), Thaiboxen für Mädchen & genderqueere Personen.
Romina (sie/ihr)
- Muay Thai (Thaiboxen)
- Jugendarbeiterin/ Soziale Arbeit
- Im Kampfsport faszinieren mich die vielfältigen Aspekte im Training – Kraft, Ausdauer, Technik und Koordination und das ständige Wachsen auf persönlicher Ebene sowie mit meinen Trainingspartner*innen. Respekt, Wertschätzung und ein achtsamer Umgang miteinander sind für mich wichtig im Training, um meine Grenzen immer wieder mal neu auszutesten und mich neuen Herausforderungen zu stellen. Und es macht einfach Spaß!
Mirijam / sie, ihr
- Boxen
- Sozialarbeiterin / Straffälligenhilfe
- Boxen hat mir, nicht nur innerhalb der vier Wände meines Gyms, sondern auch im Alltäglichen, Standfestigkeit, Stärke und Selbstvertrauen verliehen. Es ermöglicht mir, mein eigenes Potential an Kraft sowie Leidenschaft im und fürs Boxen, als auch im Leben, voll auszuschöpfen. Ich möchte durch Trainings, diese Erfahrung - das Finden und Entfalten der eigenen Stärke und Möglichkeiten - mit anderen teilen.
Noa (am liebsten keine Pronomen)
- Thaiboxen (Muay Thai)
- Bildungsarbeit mit Jugendlichen
- Für mich ist Thaiboxen empowernd, ich mag es meine Kraft zu spüren und habe große Freude am Trainieren. Ich finde es spannend die eigenen Grenzen, mich und meinen Körper beim Training immer wieder neu kennenzulernen. Das macht mir Spaß und fühlt sich selbstermächtigend an.
Im Training ist mir ein wohlwollender Umgang mit sich selbst und ein solidarisches Miteinander wichtig. Ich mag es wenn im Sport kein Konkurrenzdruck entsteht und freue mich, wenn nach dem Training ein positives Körpergefühl bleibt.
Neneh (sie/ihr Pronomen)
- Boxen, Thaiboxen, MMA
- Sozialarbeiterin, Sportinstrukorin, Boxtrainerin (C-Lizenz)
- Boxen bedeutet für mich: Loslassen, zu mir selbst zu kommen,, Auseinandersetzung mit mir Selbst und meinen Mitmenschen, all das ohne darüber Nachzudenken, die Erfahrung eigener Grenzen und Grenzen des Anderen und vor allem: Spaß an der Bewegung! Meine Arbeit ist meine Leidenschaft und ein positiver Antrieb für jeden Tag. Sie bringt mich dazu, an jeder neuen Herausforderung zu wachsen und so neue Ziele zu erreichen. Meine Schwerpunkte liegen in Selbstwirksamkeitsworkshops, Embodied Empowerment, Boxtraining, Allgemeiner Fitness und Athletik
Judith (sie/ihr Pronomen)
- Boxen
- Mathematik Studium, C-Lizenz Boxen, Boxtrainerin
- Kampfsport hat keinen so guten Ruf. Ich möchte gerne zeigen, dass Kampfsport auch anders sein kann. Dass das Training ein Miteinander ist und niemals ein Gegeneinander. Kampfsport lässt uns unsere Grenzen spüren, es ist aber genauso wichtig, mit Trainingspartner*innen über deren Grenzen zu sprechen und diese zu respektieren. Boxtraining ist nicht nur Fitness ;)